Für uns war schlicht nicht denkbar, dass MUHI in Deutschland keine Kinoauswertung erfährt denn die Publikumspreise und auch die vielen persönlichen Kommentare des Festivalpublikums sprechen für sich. Wir haben daher entschieden, MUHI selbst auf Eure Leinwände zu bringen!
Muhi, Sohn eines Hamas-Aktivisten, wird als Säugling zur Behandlung einer lebensbedrohlichen Krankheit aus dem Gazastreifen in ein israelisches Krankenhaus verlegt um sein Leben zu retten. Begleiten darf ihn nur sein Großvater Abu Naim. Mit zwei Jahren verschlimmert sich sein Zustand dramatisch und die Ärzte sind gezwungen, seine Gliedmaßen zu amputieren. Muhi richtet sich ein: mit künstlichen Armen und Beinen, im Kreis seiner liebevollen Betreuer, zwischen seiner Heimat und seinem Zuhause. Seine Rückkehr nach Gaza wäre auf Grund der desolaten Gesundheitsversorgung sein sicheres Todesurteil, das Betreten israelischen Bodens ist ihm und seinem Großvater jedoch durch die israelischen Sicherheitsvorschriften untersagt. Monate werden zu Jahren und Muhi, heute sieben Jahre alt, verbringt sein ganzes bisheriges Leben in diesem Krankenhaus. Liebevoll betreut von Abu Naim, seinem Großvater und Buma Inbar, einem israelischen Kriegsveteran, der seinen eigenen Sohn im Krieg verlor.
Muhi wächst unter paradoxen Umständen auf – gerettet, behandelt und aufgezogen vom „Feind“ seines Volkes, während seine eigentliche Familie in Gaza lebt. Ein Dilemma für alle Beteiligten, das eine schwere Entscheidung fordert: wird Muhi in Israel ohne seine Familie aufwachsen oder, unter Lebensgefahr nach Gaza zurückkehren?
Beim Tauziehen um Muhis Zukunft üben verschiedene Seiten Druck aus: das israelische Krankenhaus, seine Familie im Gazastreifen, seine zwei „Ersatzväter“ und die Politik, von der das Kind unweigerlich umgeben ist. Von innen heraus und aus einer sehr persönlichen Erzählperspektive bildet die Dokumentation ab, wie komplex die Situation ist, wie sehr sie das Leben der Menschen bestimmt und selbst auf diejenigen Einfluss nimmt, die wie Muhi unfreiwillig in sie hineingezogen werden. Aber auch, wie es trotz scheinbar unlösbaren Situationen immer weiter geht. Wir verfolgen, wie Muhis Weg verläuft, wie sich sein Leben entwickelt und welche Zukunft sich auftut.
Nicolò Comotti, fred.fm im Interview mit Rina Castelnuovo-Hollander auf dem Thessaloniki Doc Festival 2018
9 min. and 41 sec. , 12.03.18
2012 haben wir begonnen, Muhi und seinen Großvater zu begleiten, tief bewegt von dem Kind, seiner Fähigkeit, das Leben mit seiner Behinderung zu meistern, bewegt von seinem Schalk und vor allem seiner großen Sehnsucht, geliebt zu werden. Erst nachdem Muhis Mutter zu einem der seltenen Besuche nach Israel gekommen war, um ihren Sohn zu sehen, wurde uns bewusst, dass sie die schmerzhafte Entscheidung getroffen hat, auf ihr Kind zu verzichten, um ihm das Leben zu schenken. Und da wurde uns klar, dass wir Muhis Geschichte mit der Welt teilen müssen.
Nachdem wir jahrelang Krieg und schmerzlichen Verlust fotografiert haben, wollen wir den Blick der Menschen jetzt auf etwas richten, das die meisten Israelis und Palästinenser nicht sehen können oder nicht sehen wollen: die alltägliche Mitmenschlichkeit. Die Kluft zwischen den Menschen auf beiden Seiten scheint unüberwindbar zu sein. Viele emotionale Faktoren sind große Hindernisse und lassen nur wenig Raum für Hoffnung. Genau aus diesem Grund erscheint uns diese Geschichte so wichtig. Sie soll die Menschen dazu bringen, sich dem jeweils anderen zu öffnen und über gesellschaftliche Vorstellungen hinauszuschauen. Muhis Geschichte spiegelt das Paradox des Konflikts wieder, seine Stimme und die Stimmen seines israelischen und palästinensischen Vormunds müssen gehört werden. Die zwei Männer mit ihrem völlig gegensätzlichen kulturellen Hintergrund, die durch den Krieg einen großen Verlust zu betrauern haben, übernehmen allein Muhis Erziehung in dem israelischen Krankenhaus. Sie haben ein gemeinsames Ziel: Sie wollen die Zukunft des Kindes sichern. Die widersprüchlichen Welten der beiden Männer und die Ohnmacht, im Krankenhaus gefangen zu sein oder auf dem Weg zu einem Grenzübergang in den Gazastreifen gefangen genommen zu werden, wirken als Mikrokosmos des israelisch-palästinensischen Konflikts, der im Laufe des Films dargestellt wird.
Rina Castelnuovo und Tamir Elterman
2018
Move It! Filmfestival, Germany (Human Rights Award)
Flahertiana Festival, Russia (Silver Nanook Award)
Neisse Film Festival, Germany (Audience Award for Best Long Documentary)
Festival international Signes de Nuit, Italy (Edward Snowden Award)
Le Voci dell’Inchiesta, Italy (Grand Jury Prize and Audience Award)
Millenium Film Festival, Belgium (Audience Award)
Santa Barbara Jewish Film Festival, USA (Best Documentary Film)
Thessaloniki Documentary Film Festival, Greece (Special Mention Amnesty International Jury)
2017
Sochi International Film Festival, Russia (Best Documentary Film)
Guangzhou Doc International Film Festival, China, (Golden Kapok Award for Superior Documentary Feature and the Golden Kapok Award for Superior Directors)
Internacional Festival Signos de la Noite, Portugal, (Night Award)
IDFA, Holland, (Audience Award)
UK Jewish Film Festival, England, (Audience Award)
DOK Leipzig, Germany, (Golden Dove Award, Best Film in German Competition)
Docaviv Int’l Film Festival, Tel Aviv (Best Debut)
Hot Docs Int’l Film Festival, Toronto (Audience Choice)
San Francisco International Film Festival, USA, (Worldpremier)
Jürgen Kleinig
Neue Celluloid Fabrik
Holbeinstraße 9, 04229 Leipzig
Regie:
Rina Castelnuovo & Tamir Elterman
Produzent:
Hilla Medalia – Medalia Productions
Ko-Produzent:
Jürgen Kleinig – Neue Celluloid Fabrik
Executive Producers:
Tina Leeb, Jill Samuels, Ed and John Priddy, Danna Stern
Kamera:
Avner Shahaf, Tamir Elterman, Oded Kirma, Rina Castelnuovo-Hollander
Schnitt:
Joëlle Alexis
Musik:
Ran Bagno
Sound Design:
Kai Tebbel
Mitwirkende:
Muhammad El-Farrah
Hamuda (Abu Naim) El-Farrah
Buma Inbar
Hiba El-Farrah
Awatef El-Farrah
Ashraf El-Farrah
Nasrallah El-Farrah
Tamar Baneth
Tamara Nevo
Prof. Raz Somech
Danielle Kitaichik
Meir Starick
Said Ghazali
Salma Baba
und gefördert mit Mitteln des evangelischen Kirchlichen Entwicklungsdienstes.